Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Vertreter des Staates und wollten die Opposition zersetzen. Wie würden Sie vorgehen?
Zunächst einmal haben Sie keinerlei Probleme mit Parteien und Bewegungen wie “Occupy” oder “Attac”, die mehr Staat wollen, denn der Staat sind ja sie. Unterwanderung überflüssig. Da Bürokratien aber gerne vor sich hin bürokratisieren, werden sie auch das tun.
Ein echtes Problem haben Sie aber mit Libertären, die wollen ja weniger Staat und sagen das auch noch laut. That’s a huuuge problem. Glücklicherweise kann der Staat aber immer mit der menschlichen Dummheit rechnen.
Wie, so tüftelt der Staatsdiener so vor sich hin, könnte ich einen Libertären dazu bringen, keine Partei zu wählen, die den Staat reduzieren will? Mal kurz in den Keller gegangen, zum heiligen Spaghetti-Monster gebetet und HEUREKA, da ist die Idee! Der Libertäre findet den Staat ja doof. Also muss ich ihm nur sagen, dass es “illegitim”, “nutzlos” oder gar “unmoralisch” sei, überhaupt wählen zu gehen.
Dass das unlogischer Blödsinn ist, habe ich im Artikel “Ist Wählen unmoralisch?” ausführlich dargelegt. Jetzt geht es mir um die Frage, warum es Libertäre gibt, die das Spiel mitmachen, z.B. Stefan Molyneux oder – in letzter Zeit – immer neue Artikel wie der auf “freiwilligfrei”. Ich wurde oft gefragt, ob Molyneux & Co vielleicht künstliche Opposition sind, die dafür sorgen sollen, dass Libertäre nicht in die Parlamente kommen. Hier gilt Ähnliches wie bei der Occupy-Bewegung. Den meisten ist nicht bewusst, woran sie da mitarbeiten.
Speziell bei Stefan Molyneux fällt es schwer zu glauben, dass er so dumm ist, denn die meisten seiner Ausführungen sind hochintelligent. Aber gut, er ist auch nur ein Mensch und vielleicht stehen ihm einfach nur seine Emotionen im Weg.
Man kann auch nicht behaupten, dass es dumm wäre, am Wahltag zu entscheiden, persönlich NICHT zur Wahl zu gehen. Denn unbestreitbarerweise ist es irrelevant, ob diese einzelne Stimme abgegeben wird.
Auf jeden Fall aber kann man sagen, dass es dumm ist, andere Libertäre öffentlich AUFZUFORDERN, nicht zu wählen. Denn das Ziel der Botschaft ist es ja gerade, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, nicht zu wählen, also nicht nur sich selbst.
Wie hoch ist der Grad an Dummheit? Das lässt sich recht gut einordnen. Ein sozialistischer Wähler beispielsweise ist nicht dumm. Wenn er dafür votiert, dass seine Bezüge erhöht werden, ist das rational. Natürlich geht es am Ende so aus, dass gerade die Armen am meisten leiden, aber das weiß er ja nicht. Er ist also nicht außerordentlich intelligent, aber immerhin intelligenter als ein libertärer Nichtwähler. Denn dieser vergibt die einzige Chance, den an ihm verübten Diebstahl am Wahltag zu reduzieren. Zwar hat er weiterhin die Möglichkeit, in jahrzehntelanger Aufklärungsarbeit den Staat abzuschaffen, aber an diesem einen Tag, alle vier Jahre, gibt es keinen effizienteren Weg, außer einer gewalttätigen Revolution.
Diese Art von Dummheit ist sogar noch tragischer als die des sozialistischen Wählers. Denn der Libertäre weiß ja ganz genau, dass es mit weniger Staat besser ist und trotzdem vergibt er diese Chance.
Wo hingegen steht der libertäre Wähler? Er ist intelligenter als die beiden anderen. Er weiß, dass der Libertarismus besser ist, klärt darüber auf UND nutzt die eine kleine Chance am Wahltag.
Wie ist es möglich, dass an sich intelligente Menschen solch einem Irrtum verfallen können? Schwer zu sagen, aber immer, wenn irrationale Entscheidungen getroffen werden, sind notwendigerweise Gefühle im Spiel. Wir dürfen nicht vergessen, dass man auch ohne logisches Nachdenken libertär sein kann. Schlicht und ergreifend, weil man einfach in Ruhe gelassen werden will – ein äußerst legitimes Ansinnen. Da der Staat einen aber nie in Ruhe lässt, kann das heftige Emotionen bis hin zum Hass auslösen. Und dieser Hass ist wohl dafür geeignet, das logische Denkvermögen zu “überschreiben” (“overrule” wäre ein schöneres Wort). Das Opfer ist traumatisiert und die emotionale Gehirnhälfte übernimmt die Kontrolle. Eine der wichtigsten Ziele von Gehirnwäsche (mind control) durch Traumatisierung ist es, das Opfer passiv zu halten. Ihm muss eingeredet werden, dass er gar keine Chance hat zu entkommen.
Ein gutes Beispiel liefert Molyneux in diesem Aufruf. Er argumentiert nicht logisch, sondern emotional. Es wäre gegen den “Stolz” des Individuums, sich überhaupt an diesem unwürdigen Schauspiel zu beteiligen. Er behauptet, es wäre falsch, sich frei zu fühlen, nur, weil man wählt. Es dürfte jedoch kaum einen Libertären geben, der sich frei fühlt, weil er wählt. Es handelt sich schlicht um Notwehr. Die Argumentation ist ungefähr so clever, als wenn ich einem bewaffneten Dieb gegenüberstehe und es ablehne, ihn zu erschießen, weil ich generell Gewalt ablehne.
Wenn wir also von an sich logisch denkenden Menschen ausgehen, aber miteinbeziehen, dass die Emotionen in der Lage sind, das logische Denkvermögen auszusetzen, lautet die Gleichung:
IQ libertärer Wähler > IQ sozialistischer Wähler > IQ libertärer Nichtwähler >= 0.
Oder:
IQ libertärer Wähler > IQ künstlich oppositioneller Sozialist, der vorgibt, ein Libertärer zu sein > IQ Sozialist >= 0
Die moralische Gleichung lautet:
Moral libertärer Wähler > Moral Sozialist > Moral künstlich oppositioneller Sozialist, der vorgibt, ein Libertärer zu sein = 0
Viel Spaß beim Rechnen! 🙂
Glücklicherweise sind libertäre Nichtwähler eine Splittergruppe innerhalb der Splittergruppe der Libertären. Die Aufgabe einer libertären Partei ist es ohnehin nicht, die Libertären zu überzeugen, sondern die breite Bevölkerung. Dieser muss man einfach klar machen, dass es ihr dann besser geht. Denn – wie Libertäre wissen – handelt jeder nach seinem eigenen Vorteil.
Ein Kennzeichen von irrationalen Verhaltensweisen ist es, dass man stinksauer wird, wenn man auf seine Fehler hingewiesen wird. Daher dürfte mich dieser Artikel wieder einige Freunde kosten. Ich werde aber weiterhin auf freiwilligfrei verlinken und deren ansonsten sehr wertvolle Arbeit loben. Schon während ich die erste Gleichung auf Facebook gepostet habe, wurde ich darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Provokation handelt. Mit dieser Einschätzung kann ich leben. 🙂
P.S. Ich möchte noch etwas ergänzen: Die Mitglieder und Helfer der PDV reißen sich den Hintern dafür auf, auf den Wahlzettel zu kommen. Bei Eiseskälte oder strömendem Regen in der Fußgängerzone stehend, zig Behördengänge wegen unfassbarer Vorschriften des Parteienkartells erledigend, das Opfern von Freizeit bzw. Zeit mit der Familie. Und dann kommen ständig irgendwelche Schlaumeier daher, die einem sagen, Wählen sei sinnlos. Dabei kämpft man auch für deren Freiheit. Und Libertäre wissen sogar noch, was diese Freiheit wert ist. Und genau deshalb wähle ich solch deutliche Worte.