Mittlerweile habe ich zu fast jeder Frage, die sehr häufig gestellt wird, einen Artikel verfasst, nur zu der folgenden nicht. Wenn Menschen neu auf meine Facebook-Seite kommen, wundern sie sich häufig, warum dort bisweilen ein rauer Ton herrscht und ich oder andere Leute Diskutanten als dumm bezeichnen.
Eine sehr schöne Antwort darauf, „warum Libertäre nicht nett zu euch sind“ hat Christopher Cantwell verfasst und sie ist hier auf Deutsch nachzulesen. Einige Facebook-Freunde raten mir aber – auch per privater Nachricht (PN) – trotzdem nett zu den Leuten zu sein, weil man mit Vorwürfen nun mal niemanden überzeugt. Da ist durchaus etwas dran, deshalb will ich an dieser Stelle auch auf dieses Argument eingehen.
Zunächst: Bis ich jemanden als dumm bezeichne, muss schon einiges passiert sein. Ein Neuankömmling kennt die Vorgeschichte ja nicht. In aller Regel handelt es sich bei den vermeintlich unfair behandelten Personen um Leute, denen alles schon hundertmal lang und breit erklärt wurde, die aber dann frech behaupten, noch niemand hätte ihnen die Frage x oder y beantwortet. Häufig handelt es sich um Trolle, die nur diesen Eindruck erwecken wollen. Diese sortiere ich inzwischen viel früher aus.
Man kann inzwischen bei mir auch kommentieren, wenn man nur mit einem Freund von mir befreundet ist. Ich habe das gemacht, weil die Zahl meiner Freunde die 5000er Grenze überschritten hat. Das Perfide an der Strategie dieser Leute ist, dass ich einer der ganz wenigen Autoren bin, die sich bemühen, immer zu antworten. Ich bin auch einer der ganz wenigen, die bereit sind mit jedem vor der Kamera zu diskutieren, egal, welche Meinung er vertritt. Allerdings sind die wenigsten Staatsjünger bereit, mit mir zu diskutieren.
Da ich keine Frage unbeantwortet lassen will, muss ich mir also eine Strategie zurechtlegen, wie ich schnell klarstellen kann, warum ich nicht jede Frage hundertmal beantworten kann. Sie besteht darin, dass ich schreibe: Du bist einfach zu dumm, das zu begreifen. Ich mache das aber so gut wie nie, wenn ich nicht weiß, dass dieser Mensch gar nicht an Erkenntnis interessiert ist. Dabei kann man sich manchmal irren. Manchmal riecht man schon Trolle, wo gar keine sind. Wenn dieser jemand aber kein komplettes Weichei ist und sich gleich beleidigt unter Mamis Schoß verkriecht, kann man das auch klären. Kommt vor. Ich werden jeden Tag irgendwo im Netz beleidigt, aber ich ziehe mich nicht beleidigt zurück.
Das Leben hält nun einmal eine unendliche Zahl von möglichen Problemstellungen bereit, also ist es auch möglich unendlich viele Fragen zu stellen. Ich habe zwei 500-Seiten Bücher über viele dieser Fragestellungen geschrieben. Das habe ich nicht aus Jux und Tollerei getan. Von mir dann zu verlangen, auf meiner Facebook-Seite noch einmal meine 1000 Seiten zu repetieren ist schon frech. Ich bin gerne bereit, mit Leuten auch spezielle Fragen zu diskutieren, daraus können ja auch Facebook-Freunde etwas lernen. Aber wenn man noch nicht einmal eines meiner Bücher oder irgendein libertäres Buch gelesen hat (von denen es sehr viele umsonst im Netz gibt), noch zu verlangen, jede dieser unendlich vielen Fragen aufzulösen, ist schon dreist.
Ich will aber an dieser Stelle (zum hundertsten mal) alle diese Fragen auf einmal beantworten: Egal, welche Problemstellung man sieht oder welches Bedürfnis man hat: Der Markt findet dafür eine Lösung, und zwar zwingend eine bessere Lösung als ein Gewaltmonopolist, weil die Unternehmen ja im Wettbewerb zueinander stehen. Näheres dazu in meinem Artikel „Von einer herrschaftsfreien Welt“.
Wenn jemand nicht glaubt, dass der Markt eine Lösung dafür findet, muss er ja nur selber ein Unternehmen gründen, das das Problem löst. Wenn es dafür keine Kunden gibt, handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um ein reales Problem, sondern um ein eingebildetes.
Zu den eingebildeten Problemen gehört die von einem Blogger – der sich besser mit Computern als mit Logik auskennt und der deshalb am liebsten mit sich selbst spricht, statt mit offenem Visier zu debattieren – gern gestellte Frage, was denn passiere, wenn sich zehn Millionen Chinesen mit dem Kontrabass ein riesiges Grundstück inmitten einer Privatrechtsgesellschaft kaufen und dann alle umliegenden Nachbarn überfallen.
Der Blogger spielt hier gezielt mit der Angst der Menschen vor Fremden. Denn natürlich handelt es sich hier um die grundsätzliche Frage, wie sich eine Privatrechtsgesellschaft überhaupt verteidigen kann. Natürlich kann eine größere Masse von Menschen immer eine kleinere Anzahl überfallen. Der chinesische Staat kann auch einen kleineren Nachbarstaat überfallen. Das ist keine Frage, ob es einen Staat gibt oder nicht.
Und natürlich könnte auch die Verteidigung besser von im Wettbewerb stehenden Privatunternehmen geleistet werden. Sie sind ja auf nichts anderes spezialisiert. Und im Gegensatz zu Staaten würden sich die Unternehmen darauf konzentrieren, die Führungselite des Aggressors auszuschalten, weil das viel billiger ist. So lange bis irgendein Führer kapiert, dass es für ihn gesünder ist, seine Aggressionen gefälligst zu unterlassen. Staaten führen Kriege genau anders herum. Sie töten gezielt massenweise unschuldige Menschen während sie bei Austern und Champagner mit dem Gegner „verhandeln“, möglichst noch im Hause des Bankers, der beide Seiten finanziert, weshalb auch nie einer dieser Banker im Gefängnis oder im Lager landet.
Die Situation in einer Privatrechtsordnung ist eine völlig andere. Es ist irgendwelchen reichen Psychopathen eben nicht möglich, sich eine Privatarmee zu kaufen, die dann den Rest der Welt unterwirft. Soldaten oder Polizisten sind immer eine winzige Minderheit, die gegen eine potenziell bewaffnete übergroße Mehrheit ankämpfen müsste. Warum gehören die Aldi-Brüder zu den reichsten Menschen Deutschlands? Weil sie ihre Produkte für die Masse der Menschen anbieten. Anbieter, die nur für Reiche arbeiten, wie Hersteller von Yachten, sind unbedeutende mittelständische Unternehmen. Genauso würden die führenden Sicherheitsfirmen in einem Gebiet die Interessen der breiten Masse vertreten. Und sobald sie das nicht mehr tun, wechseln die Kunden den Anbieter. Von heute auf morgen.
Ich habe mir dieses Argument stellvertretend für viele andere herausgesucht, weil es exemplarisch zeigt, wie auch der Sicherheitsmarkt funktionieren würde. Er funktioniert wie jeder andere Markt. Staaten dagegen funktionieren nicht, deshalb gehen sie auch laufend unter. Der Markt bleibt aber immer da, nur dass die Spieler wechseln, wenn ein Anbieter nachlässig wird und schlecht leistet. Das kann dem Kunden aber egal sein.
Zurück zur Dummheit: Das oben Gesagte lässt sich vielleicht nicht auf Anhieb verstehen. Man muss es erklären. Die Grundlage des Libertarismus ist aber ganz einfach: Jeder Mensch hat das Recht, in Ruhe gelassen zu werden, solange er niemandem schadet. Das ist so einfach, dass es vermutlich sogar ein geistig Behinderter versteht. Die Frage, wer dieses Recht schützt, ist in der Tat komplexer. Man muss aber kein Genie sein, um zu begreifen, dass Monopole immer schlecht sind.
Menschen, die das nicht begreifen, sind nicht dumm im Sinne eines zu niedrigen Intelligenzquotienten. Aber ihnen fehlt die Bereitschaft, sich mit diesem Thema selbst auseinanderzusetzen, selbst zu recherchieren, selbst nachzudenken, selbst auch mal ein Buch zu lesen.
Das fasse ich dann manchmal in dem Satz zusammen: Du bist dumm. Aber wie jeder weiß, der meine Videos und Interviews kennt, bin ich bei öffentlichen Debatten extrem geduldig. Aber ich kann nicht in jedem Facebook-Post bei Adam und Eva anfangen. Was ich mit dieser „Beleidigung“ versuche zu erreichen, ist einen Denkprozess auszulösen. Denn in der Regel werden wir Anarchisten ja als Spinner und Vollidioten dargestellt, gerade von Staatsanbetern wie oben genanntem Blogger.
Deshalb sollten wir, als die einzig wahren Humanisten in der Debatte, uns auch endlich auf das hohe moralische Ross setzen und den herrschsüchtigen Rotznasen klar sagen, wo der Hammer hängt. Folgende Reaktionen sind dabei möglich:
1. Der Angegriffene zieht sich beleidigt zurück. Meine Erfahrung: Solche Weicheier überzeugt man eh nie. Sie wollen in ihrer heilen Welt bleiben, genau deshalb lieben sie ja solche Kuschel-Diskussionen. Es kommt aber schon recht häufig vor, dass Facebook-Freunde zu früh anfangen, solche Neuankömmlinge zu beleidigen. Da sage ich meinen Facebook-Freunden per privater Nachricht (PN) Bescheid, dass sie einen Gang runter schalten sollen. SO VIEL MÜHE GEBE ICH MIR AUF MEINER FACEBOOK-SEITE, OBWOHL ICH DAFÜR KEINEN CENT BEKOMME. Wenn ich selber beleidige, habe ich mir das in aller Regel gut überlegt, außer ich habe einen ganz schlechten Tag. Ich bin auch nur ein Mensch.
2. Der Angegriffene fängt an nachzudenken: „Wie kommt es, dass mich dieser Mensch als dumm bezeichnet?“ Noch dazu – wenn er mich kennt – einer, dessen Bücher von Experten hochgelobt werden. „Den versuche ich jetzt mal sachlich zu widerlegen.“ Dazu liest er sich in die Materie ein und dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch er libertär wird.
3. Man verliert tatsächlich Leute, die guten Willens gewesen wären. Es ist aber keineswegs so, dass Freundlichkeit der einzige mögliche Weg wäre. Es gibt ja genug höfliche und freundliche Libertäre. Ich bin mit meinem Stil eher die Ausnahme. Akif Pirinçci zum Beispiel ist viel krasser in seinen Äußerungen und er hat eine riesige Fan-Gemeinde. Es ist also keineswegs so, dass ich Leute für immer für den Libertarismus verliere. Es kann genauso gut sein, dass gerade ein deutlicher Stil besser ankommt. Ich kenne dazu keine Statistik, aber wenn ich mich zu sehr verstellen müsste bei meinen Ausführungen, dann hätte ich auch keine Spaß mehr dran und wäre weniger gut.
Abschließend also:
Dummheit ist keine Frage der Intelligenz (ich freue mich schon darauf, wenn meine Hater diesen Satz gegen mich verwenden). Dummheit ist eine Charaktereigenschaft, ein selbst gewähltes Schicksal. Politik ist keine Raketenwissenschaft. Jeder kann die Grundlagen des Libertarismus verstehen. Aber er muss die Bereitschaft besitzen, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, gewohnte Denkmuster zu durchbrechen und kritisch zu denken. Das wiederum ist ein reine Frage des Charakters und keine Frage der Punktzahl in einem IQ-Test.
So, diesen Text kann jetzt jeder Libertäre verwenden, wenn sich mal wieder einer beschwert, dass man nicht lieb genug zu ihm ist.