Die drei größten Risiken beim Handel mit Bitcoins

Wenn Ihnen ein Börsenjournalist erzählt, er handele keine Aktien, können Sie seine Artikel direkt in den Papierkorb schmeißen, denn dann hat er keine Ahnung. Selbst wenn er welche handelt, kann es sein, dass Sie mehr wissen als er. Er kann vielleicht nur besser schreiben.

Das ist einer der Gründe, warum ich nie über Bitcoins geschrieben habe, denn ich hatte noch nie welche benutzt. Als ich meinen ersten Artikel über Bitcoins schrieb, hatte ich mir also vorher welche gekauft. Zu meinen dort vertretenen Thesen, dass das Kurspotenzial unendlich ist, aber der Kurs sich gleichzeitig über Nacht pulverisieren kann, stehe ich nach wie vor. Letzteres wurde eindrucksvoll kurz nach Erscheinen meines ersten Artikels bewiesen.

Nun habe ich seit kurzem auch noch etwas (leidvolle) Erfahrung im Handel mit Bitcoins, so dass ich in diesem Artikel auf die größten Risiken eingehen kann und will. Diese sind:

  1. Das Regierungsrisiko
  2. Das Kontrahenten-Risiko
  3. Das Anbieter-Risiko

Das zweite Risiko hatte ich deutlich unterschätzt. Ich habe während des Crashs mehrere Käufe und Verkäufe getätigt. Rein theoretisch hätte ich damit erhebliche Gewinne erzielt, aber leider beliebten die Käufer, bis auf ganz wenige (die mit geringen Stückzahlen), einfach nicht zu zahlen. Einen Verkauf tätigte ich beispielsweise nahe des Hochs bei 190. Ich werde selbstredend die Käufer, also die Kontrahenten, auf Erfüllung der Verträge verklagen, aber das kostet Zeit, Geld und Nerven.

Exkurs: Falls Sie jetzt denken: Aha, da schreit der Libertäre nach dem Staat. Ich wende mich an den Staat, weil er das Gewaltmonopol hat. In einer Privatrechtsgesellschaft hätte ich mein Geld längst von meiner Versicherung wieder. Diese würde sich an die Versicherung des Käufers wenden. Die Handelsplattform wiederum würde keine Kunden ohne Versicherung akzeptieren.

Das Kontrahentenrisiko lässt sich ausschließen, weil es Plattformen gibt, die es übernehmen. Ich hatte eine solche gefunden. Der Anbieter loggt sich sofort in das Onlinebanking des Kunden ein und garantiert so die Ausführung. “Heureka”, dachte ich und hätte die Plattform beinahe auf Facebook empfohlen. Doch schon am nächsten Tag wurden mir die anderen beiden Risiken deutlich vor Augen geführt. Die Webseite ging vom Netz. Der Anbieter informierte die Kunden darüber, dass die Regierung (eine osteuropäische) ihre Bankkonten konfisziert hätte, aber die Einlagen sicher wären. Das bleibt abzuwarten.

Das Anbieter-Risiko beinhaltet, dass der Anbieter betrügt, die Webseite gehacked wird, wegen Überlastung nicht erreichbar ist oder schlicht Konkurs anmelden muss. Einen Teil dieses Risikos kann man minimieren, indem man die Bitcoins immer wieder in seine persönliche „Brieftasche“ (Wallet) transferiert, die man unabhängig vom Anbieter auf ein beliebiges Speichermedium überträgt. Für jemanden, der aktiv handelt, ist das allerdings keine wirkliche Option. Er muss ständig einen gewissen Bestand auf seinem Handelskonto haben, um schnell reagieren zu können. Dieses Geld muss man im Zweifel also gedanklich schon einmal abschreiben. Eine Möglichkeit wäre, die Gewinne immer in die Wallet zu transformieren und nur einen Grundstock, dessen Totalverlust man einkalkuliert, auf dem Handelskonto zu lassen.

Das Regierungsrisiko bedeutet, dass sowohl Anbieter als auch Kunden kriminalisiert werden. Dass das passiert, ist praktisch sicher, weil Bitcoins eine riesige Bedrohung für Regierungen sind und das Grundprinzip jeden Staates auf Raub, Diebstahl sowie Gewalt basiert. Wer das naiverweise bisher nicht glaubte, muss sich nur die Enteignungen in Zypern anschauen – ein “Modell”, das ganz offiziell auch für andere Länder angestrebt wird.

Das Trading mit Bitcoins ist also wesentlich riskanter als das Handeln mit Aktien, weil die drei genannten Risiken an den Aktienbörsen (noch) niedriger sind. Auf der anderen Seite sind naturgemäß die Chancen höher, weil es noch viele Ineffizienzen gibt. Dazu muss man sich aber sehr im Detail mit den Bedingungen der jeweiligen Plattform beschäftigen. Das ist ein Fulltime-Job, für den ich im Moment keine Zeit habe. Ich beschränke mich mit meinen Aussagen, also auf die Dinge, bei denen ich selber Erfahrungen gemacht habe.

Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, zu begreifen, dass Bitcoins kein PRODUKT des freien Marktes sind, sondern eine REAKTION der Märkte (richtig freie Märkte gibt es nicht, solange Staaten existieren), also vieler Individuen, auf das staatliche Falschgeldsystem. Die Kritiker von Bitcoins haben ja in einem Punkt recht: Besser wäre eine sachwertgedeckte, virtuelle Währung. Diese gab es mit e-gold bereits. Aber das konnten die Regierungen unter den üblichen Vorwänden einfach verbieten, weil sie nur den Anbieter zumachen mussten.

Wenn jemand eine Währung mit Gold hinterlegt, muss dieses irgendwo gelagert werden. Es ist dann also immer angreifbar für Regierungen. Das ist der Grund, warum Bitcoins nicht mit einem realen Sachwert hinterlegt sind. Genau deshalb hat der Erfinder es so schwer gemacht, neue Bitcoins zu erzeugen (minen). Die Kosten hierfür stellen eine Art Sachwert dar, weil eben reale Werte, Computer, Rechenleistung und Strom benötigt werden, um Bitcoins zu “schürfen”. Zusätzlich wurde die Anzahl der zu erzeugenden Bitcoins von vornherein begrenzt. Wenn es dabei bleibt, wird es also noch knapper als Gold sein. Ob es dabei bleibt, darüber wird heftig gestritten. Fakt ist, dass die Marktteilnehmer im Moment überwiegend davon ausgehen. Sonst läge der Wert bei Null.

Es ist entscheidend zu begreifen, dass die Risiken beim Handel mit Bitcoins nichts mit der Ware an sich zu tun haben. Genauso gut könnte ich dem heutigen Geld die Schuld daran geben, dass man es stehlen kann.

Die Fans und Kritiker streiten sich nun darum, ob der Crash Bitcoins schadet und sogar das Ende dieser Währung bedeutet. Meine Ansicht: Ganz im Gegenteil. Durch die Presseberichte über den Crash werden nun viel mehr Menschen auf Bitcoins aufmerksam. Zunächst einmal wird es all die Zocker anziehen. Denn diese begreifen sofort: Wo so starke Kursschwankungen sind, kann man Geld verdienen. Es wird über kurz oder lang Derivate auf Bitcoins geben und die Möglichkeit, diese zu shorten (leerverkaufen, ohne sie zu haben, um sie später wieder zurückzukaufen). Ansätze dazu gibt es bereits, man kann Bitcoins auch schon leihen.

Ironischerweise wird das aber dazu führen, dass Bitcoins WENIGER schwankungsanfällig werden. Denn im Gegensatz dazu, was Ihnen völlig ahnungslose Mainstreamjournalisten erzählen, führt das Vorhandensein von spekulativen Anlegern und Derivaten dazu, dass der Markt liquider wird und mehr Umweltzustände abgebildet werden können. Das heißt, Kursunterschiede zwischen einzelnen Plattformen und unterschiedlichen Zeiträumen werden geringer und schneller ausgeglichen.

Ausführlicher können Sie das in meinem Buch „Das Kapitalismus-Komplott“ im Kapitel „Die bösen Spekulanten“ (S. 111 bis 114) oder bei jedem anderen, der Ahnung von Derivaten hat, nachlesen. Tipp: Warren Buffet gehört nicht zu jenen, die Ahnung davon haben. Er bezeichnete Derivate als Massenvernichtungswaffen, verzockte sich selber damit und kaufte sich dann bei einer der größten Zockerbuden, Goldman Sachs, ein. Goldman Sachs versucht aber sein Risiko zu minimieren, indem es hauptsächlich Insider-Trades macht. Die Investmentbank berät Regierungen, schreibt die Gesetze und schickt ihre Leute sogar direkt in die Politik. So weiß sie immer vorher, was die Regierungen planen. DAS ist schlecht, nicht die Derivate an sich. Banken, die sich verzocken, müsste man pleite gehen lassen. Das diszipliniert erstens und zweitens muss dann der Steuerzahler nicht haften. Aber natürlich ist der Einfluss der Großbanken dafür schon zu groß. Deshalb muss das Kartell der Großbanken, das Zentralbanksystem, abgeschafft werden. Das ist schon deshalb nötig, weil im Fiat-Money-System sonst das Geld der Anleger weg ist, wenn man die Bank pleite gehen lässt.

Die Abschaffung der Zentralbanken kann durch den Erfolg von Währungen wie Bitcoins ausgelöst werden, weshalb natürlich niemals ein Bitcoin-Anbieter gerettet werden wird. Im Gegenteil, diese werden laufend attackiert werden. Das muss man beim HANDEL berücksichtigen. Wer aber Bitcoins nur als Zahlungsmittel einsetzt, kann die Risiken minimieren. Man kann sich Bitcoins in dem Moment kaufen, in dem man damit zahlt. Ihre Funktion als Tauschmittel behalten Bitcoins also auch im Crash, obwohl es natürlich etwas schwieriger wird. Aber man kann ja mit Zahlungen abwarten, bis sich der Markt wieder beruhigt hat.

Neulich unterhielt ich mich mit einem guten Freund über Kindererziehung. Er sagte mir, der Erfolg eines Menschen hänge nicht so sehr von seiner Intelligenz ab, sondern von seiner Fähigkeit, mit Niederlagen umzugehen. Das gilt auch für Bitcoins, hinter denen ja die Handlungen vieler Menschen stecken. Wenn sich der Kurs wieder auf die alten Höchststände erholt, werden andere Marktteilnehmer sehen, wie robust die Währung an sich eigentlich ist. Schon einmal haben Bitcoins das bewiesen. Das wird dann wiederum das Vertrauen in Bitcoins als Währung stärken.

Eines noch: So mancher Staatsfan mag jetzt denken: Da sieht man mal, wie chaotisch der Markt ist. Das wäre aber ein Trugschluss. Was jetzt passiert, ist nur die Folge dessen, dass es sich um eine völlig neue Technologie handelt. Die Regierungen selbst reagieren ja auch chaotisch und vermutlich zunehmend panisch darauf. Wenn sich Bitcoins aber einmal allgemein als Zahlungsmittel durchgesetzt haben (womit ich nicht sagen will, dass das sicher passiert), werden sie so einfach zu handhaben sein, wie unser heutiges Geld. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass es sich nicht andauernd entwertet.

Eine Gefahr gibt es theoretisch noch. Kritiker argwöhnen, dass es sich bei Bitcoins um eine gigantische „False-Flag“-Operation von Regierungsstellen handele, um das Vertrauen in Alternativwährungen zu zerstören. Das glaube ich nicht. So clever sind Behörden erstens nicht. Zweitens widerspricht die Konstruktion der Bitcoins dieser These. Ich bin kein Kryptografieexperte. Aber nach meinem bisherigen Verständnis konnte ein Programmierer kaum mehr tun, um eine zentrale Kontrolle seitens einer Regierung auszuschließen. Zumindest habe ich bisher nichts Besseres gesehen. Aber ich werde das Für und Wider dieser These am Dienstag, den 16.4., ab 18 Uhr, bei recentr.tv mit Alexander Benesch diskutieren, der ein scharfer Kritiker von Bitcoins ist.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat und Sie meine Arbeit unterstützen wollen: An diese Adresse können Sie Bitcoins überweisen: 1J8jJHUvWsegE59QahVewW7YmcH2GDTTsT. Oder sich über diesen Link kostenlos bei Bitcoin.de anmelden:https://www.bitcoin.de/r/7nazva Ich kritisiere an Bitcoin.de zwar, dass es relativ langsam ist. Aber es ist durchaus ein Vorteil, bei einem Anbieter zu sein, der seinen Gerichtsstand in Deutschland hat. Nicht, dass es einen Grund gäbe, gegen den Anbieter selbst zu klagen. Die Plattform hält sich an die eigenen Regeln. Allerdings wünschte ich mir, der Anbieter würde deutlicher auf das Kontrahenten-Risko hinweisen und vor allem seinen Kunden mitteilen, dass sie sich an eingegangene Verträge zu halten haben. Das scheint vielen Kunden nicht bewusst zu sein. Sie glauben wohl, indem sie nicht zahlen, wird der eingegangene Vertrag ungültig. Das ist ein Irrtum, meine Herren Nichtzahler.

 

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